Jüngst sass ich am Tisch mit einem Wirtschaftsführer, der meinte, er habe "Angst um unsere Gesellschaft". Auf Nachfrage, was einen erfolgreichen und fest im Sattel sitzenden Menschen derart beunruhige, meinte er: "Wir verlernen immer mehr, uns die Wahrheit zu sagen". Menschen kurzfristig nicht zu verletzen sei der Zeitgeist. Langfristig könne das fatale Folgen haben.
Uns die Wahrheit sagen. Das taten wir Menschen vielleicht noch nie, namentlich hierzulande. Neu scheint mir die Tendenz, Dinge entgegen der eigenen Wahrheit, also: wider besseres Wissen geschehen zu lassen. Man traut sich nicht. In einer digitalisierten, globalisierten und dynamischen Welt ist es nicht rational, Selbstvertrauen zu demonstrieren.
Und so rennt der Schäferhund mit der Herde über die Klippe. Dann Burnout, Auszeit, Journalling, bevor man sich unter Applaus der LinkedIn-Gemeinde ("Thanks for Sharing - Du bist so mutig!") wieder ins Rad begibt. Oder eben doch ganz auf die Yoga-Guru-Ausbildung setzt.
Ja, wir Führungskräfte sind allzu oft schlecht darin, uns selber zu führen. Von Kindheitstraumas getrieben brauchen wir den Spiegel vor allem, um zu checken, wann die Zornesfalte den nächsten Schuss Botox verlangt. Einen Beleg für diese These möchte ich im folgenden Artikel gefunden haben, der gestandenen Führungskräften das rät, was meine sechsjährige Patentochter instinktiv tut:
1. Seien Sie zugleich optimistisch und realistisch.
2. Suchen Sie sich Rückzugsmöglichkeiten.
3. Wenden Sie sich an vertraute Menschen.
4. Zeigen Sie mehr Emotionen am Arbeitsplatz.
5. Verlieren Sie sich nicht in Ihrer Rolle.
Seit zwei Jahren kuratiere ich monatlich Artikel zu Recruiting, Leadership und Technologie und nenne diese Rundmail newslettHR. Bisher halte ich den geschlossenen Rahmen, in welchem ich die Artikel mitunter pointiert kommentiere, für den richtigen, denn Social Media belohnt ähnlich wie andere politische Umfelder in erster Linie rückgratlos auftretende Maul- und Klauen-Helden. Lust auf mehr meiner Metaphern? Dann husch den newslettHR abonnieren.