Als Headhunter sind wir natürlich Profis was Recruiting angeht. Vor kurzem widmeten wir uns dem Bewerbungsprozess aus der Bewerbenden-Perspektive. Doch auch für Unternehmen steht in Sachen Recruiting einiges auf dem Spiel. Natürlich gibt es, unter anderem mit uns, externe Unterstützung. Allerdings sind Unternehmen selten dazu in der Lage, für jede offene Position eine externe Beratung zu beschäftigen. Umso wichtiger ist deshalb, dass der eigene, interne Recruiting Prozess fundiert und professionell ist. Was genau das beinhaltet und wie ihr in einem Interview Bewerbenden richtig auf den Zahn fühlen könnt, erfahrt ihr in dieser Ausgabe.
Doch bevor es an die knackigen Fragen und interessanten Gespräche geht, sind erst mal einige Vorüberlegungen zu treffen. Zuerst muss der Personalbedarf ermittelt werden. Soll eine neue Position geschaffen werden? Oder geht es darum, ein ausgeschiedenes Teammitglied zu ersetzen?
Auf dieser Basis können dann die Anforderungen an die neue Stelle definiert werden. Dabei ist es wichtig, nicht nur die fachlichen Qualifikationen im Blick zu haben. Stattdessen sollte man sich auch bewusst werden, welche Soft Skills der neue Mitarbeitende mitbringen sollte. Das können beispielsweise Teamfähigkeit, Empathie oder Durchsetzungsfähigkeit sein. In der Regel sind die nötigen Soft Skills abhängig von der Position. Handelt es sich um eine Führungsrolle, sind Verantwortungsbewusstsein sowie Führungsstärke ein Muss. Bei einem Creative Director kommt es dagegen eher auf Kreativität und Einfallsreichtum an. Gerade wenn man viele geeignete Bewerbende haben sollte, können Soft Skills den Unterschied machen. Deshalb ist es wichtig, sich hierzu frühzeitig Gedanken zu machen.
Die Stellenausschreibung ist der erste Eindruck, den Bewerbende von dem Unternehmen erhalten. Und für den gibt es bekanntlich keine zweite Chance. Die Stellenausschreibung kann also als die Visitenkarte eines Unternehmens betrachtet werden. Deshalb ist hier Sorgfalt geboten. Die Position sollte klar beschrieben werden. Das beinhaltet die Aufgaben, den Tätigkeitsbereich, die Verantwortung und Rahmenbedingungen wie die Teamgrösse und die Vorgesetzten. Des Weiteren müssen die Anforderungen, die Bewerbende erfüllen sollten, enthalten sein. Um keine potentiellen Bewerbenden abzuschrecken, kann hier zwischen “Was du mitbringen musst” und “Was wir uns wünschen würden” differenziert werden. Das erhöht die Zahl der Bewerbenden und damit auch die Auswahlmöglichkeit für das Unternehmen. Darüber hinaus sollte noch etwas über die Firmenkultur, Benefits und Karrieremöglichkeiten geschrieben werden. Generelle Informationen, wie das Eintrittsdatum, sollten ebenfalls Erwähnung finden. Zum Abschluss kann man kurz den weiteren Prozess umreissen und eine Ansprechperson für Fragen nennen.
Nachdem die Vorarbeit geleistet wurde, kann es nun an die eigentliche Search gehen. Ein Tipp von den Profis: Sucht über möglichst viele Kanäle. Das bedeutet, die Ausschreibung nicht nur über die Website zu veröffentlichen, sondern auch über diverse Jobplattformen oder LinkedIn. Je nach Klientel können auch Zeitungsannoncen das Mittel der Wahl sein. Besonders wenn es sich um eine Stelle für Berufseinsteiger handelt, ist es auch möglich, auf Universitäts-Portalen Werbung zu schalten. Auf diese Weise wird eine möglichst breite Anzahl an Bewerbenden angesprochen.
Wenn die ersten Bewerbungen eingetrudelt sind, kann man mit dem nächsten Schritt beginnen: Unterlagen sichten und die Profile auswählen, die man näher kennenlernen möchte. Die Basis hierfür bildet natürlich der Lebenslauf. Ein guter Lebenslauf enthält die Kontaktdaten, eine Beschreibung des bisherigen Karrierewegs sowie eine Auflistung stellenrelevanter Fähigkeiten. Ein tabellarischer Lebenslauf sollte nicht länger als 1-2 Seiten sein. Achtet darüber hinaus auch auf Dinge wie Rechtschreibung und Design. Das zeigt, ob der Bewerbende sorgfältig ist und auf Details achtet.
Dennoch gibt es je nach Stelle unterschiedliche Kriterien dafür, was einen guten Lebenslauf ausmacht. Bei Grafikdesignern sollte man mehr auf das Layout achten, als bei Bauleitern. Wenn Berufsanfänger ihr Schulpraktikum erwähnen, ist das etwas anderes als bei CEOs.
Wie genau der weitere Prozess aussieht, ist je nach Unternehmen unterschiedlich. Was aber immer enthalten sein sollte, ist (mindestens) ein Interview. In diesem kann man die Person hinter dem Lebenslauf kennenlernen. Häufig ändert sich hier der Eindruck, den man von einem Talent hat, noch einmal komplett.
Ein guter Anfang ist Small-Talk. Fragen wie “Haben Sie gut hergefunden?” lindern die Aufregung auf (beiden) Seiten. Danach kann es ans Eingemachte gehen.
Zuerst sollten Fragen auf Basis des Lebenslaufs gestellt werden. Hier kann man das Gegenüber beispielsweise auf mögliche Lücken ansprechen. Ausserdem kann man mehr über die Erfahrung des Talents erfahren. Gut sind hier zum Beispiel Fragen wie “Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden?” oder “Was haben Sie damals gelernt und wie hilft Ihnen das bei der neuen Herausforderung?”. Die letzte Frage zeigt bereits: Stellt immer einen Bezug zur Position her. So könnt ihr besser einschätzen, ob der Bewerbende den Anforderungen gerecht werden wird.
Nach dem Teil über den Lebenslauf können fachliche Fragen oder aber eine kurze Case Study kommen. Einen Produktdesigner könnte man zum Beispiel um Vorschläge zur Verbesserung eines der Firmenprodukte bitten. An dieser Stelle kann man auch herausfinden, ob sich der Bewerbende vorher mit dem Unternehmen auseinandergesetzt hat.
Im Anschluss kann man der Motivation und den Soft Skills des Profils auf den Grund gehen. Fragen wie “Wo sehen Sie sich selbst in zehn Jahren?” sind natürlich ein Klassiker. Und das aus gutem Grund: Denn hier können Bewerbende zeigen, ob sie zielstrebig und ambitioniert sind.
Am Ende des Gesprächs, solltet ihr es eurem Gesprächspartner ermöglichen, Fragen zur Stelle und zum Unternehmen zu stellen.
Wie es nach dem Bewerbungsgespräch weitergeht, hängt vom Unternehmen ab. Es ist vollkommen legitim, wenn man bereits danach eine Entscheidung trifft. Ob man einen mehrstufigen Recruiting Prozess anwendet, hängt von der Stelle ab. Bei Führungspositionen ist dies ratsam. Weitere Stufen nach dem Interview können eine Case Study, ein Probearbeitstag oder ein Gespräch mit der Chefetage sein.
Hat man dann den geeigneten Bewerbenden gefunden, müssen eigentlich nur noch die Verträge unterschrieben werden. Anschliessend kann man das Onboarding vorbereiten.
Natürlich ist der Recruiting Prozess sehr stark vom Unternehmen abhängig. Dennoch kennt ihr nun einige Tipps und Tricks, die allgemeingültig sind und überall angewendet werden können. Damit findet ihr garantiert eure nächsten Lieblings-Kollegen.